ALONE

Hier möchte ich meine Erlebnisse während meiner Zeit bei ALONE mit Euch teilen.

 

Vorab gilt meine tiefe Dankbarkeit den Menschen die diese „Auszeit“ und so ein extremes Survival Abenteuer möglich gemacht haben.

 

Meine Frau und mein Sohn haben mich sehr vermisst in dieser Zeit. Dort draussen ohne sie zu sein, war für mich sehr schwer. Irgendwann werde ich mit ihnen an diesen Ort zurückkehren.

 

Die anderen neun Teilnehmenden sind zu Freunden geworden – darüber freue ich mich besonders. In Zukunft werde ich mit David Leichtle zum Thema Survival Kurse kooperieren. Dank an Martin Linke und Christian „Crii“ Lindenthaler für ihre Reactions zu den ALONE-Folgen bei Youtube.

 

Mein besonderer Dank gilt dem Stamm der Mowachaht-Muchalaht, die uns mit den Geistern auf ihrem Stammesgebiet auf Vancouver Island vertraut gemacht haben. Ich verstehe es als Ehre, dass ich auf ihrem Territorium angeln, jagen, sammeln – ja, leben durfte.

 

Zur ALONE Sendung gelangt ihr hier.

Orientation Camp

Nach einer langen Anreise mit Zug, Flugzeug und Bus landeten wir im Moutcha Bay Resort an der Westküste von Vancouver Island. Dort wurden wir mit Trommelmusik und Tänzen von den Einheimischen willkommen geheißen.

 

Dieser Moment und das herzliche Willkommen haben mich zutiefst bewegt.

 

Während des Orientation Camps hatten wir unterschiedliche Lektionen auf dem Stundenplan. Wir sollten uns tiefer mit der Bedienung der Kameras vertraut machen, wir machten Ausflüge ans Wasser, um dort zu erfahren, welche Nahrung sich uns bieten würde und wir führten Interviews mit der Produktionsgesellschaft ITV Studios. Stani lehrte uns weitere Tricks zum Thema Fallenbau, während die Mitglieder der Mowachaht-Muchalaht uns mit Wissen zu ihrem Land und den dortigen Ressourcen begleiteten.

 

Es war eine sehr intensive Woche – wir haben zusammen mit den anderen Teilnehmern viel gelernt und viel gelacht.

Wer es nicht erlebt habt, kann es sich nicht vorstellen

Nachdem ich viele Staffeln von ALONE aus den USA, England, Norwegen, Dänemark und Australien gesehen hatte, dachte ich mir ein Bild von diesem Leben, der Isolation, den Widrigkeiten gemacht zu haben.

 

Eines möchte ich aber ganz eindeutig betonen, es ist da draußen völlig anders, als man es sich vorstellt.

 

Diese Aussage soll gar nicht wertend verstanden werden. Wer es jedoch unter diesen Umständen nicht selbst erlebt hat, kann es sich nicht vorstellen.

 

Diese Worte möchte ich ebenfalls nicht abwertend verstanden wissen. Im Gegenteil, ich möchte jeden ermuntern sich einmal im Leben so eine „Auszeit“ zu nehmen. Ihr werdet diese Erfahrungen nie vergessen und davon ein Leben lang zehren. Die Natur in ihrer ursprünglichsten Form zu erleben – auch mit ihren Härten – ist ein Geschenk, welches wir Menschen bekommen haben, achten und damit äußerst behutsam und bedächtig umgehen sollten.

 

Falls Ihr Interesse an einem solchen Erlebnis habt, schaut in meine Survival Kurse und Events rein oder folgt mir ins schwedische Fjell!

Los geht´s

Als der Morgen des Aussetzens für gekommen war, wussten wir alle: Jetzt wird es ernst, ALONE beginnt nun wirklich.

 

Obwohl wir uns alle monatelang auf dieses Survival Abenteuer vorbereitet hatten, wurde uns an diesem Morgen doch sehr mulmig. Ich konnte nach dem Abschiedsgespräch mit meiner Familie die Tränen nicht zurückhalten. Ich werde es nie vergessen, wie rührend sich die anderen Teilnehmenden sich um mich gekümmert haben.

 

Mein Rucksack war gepackt und ich wurde zusammen mit Crii im strömenden Regen auf unser Boot gebracht, welches uns an unsere Plätze bringen sollte.

 

Nach kurzer Fahrt erreichten wir dann meine Bucht, die Seehundbucht. Dort angekommen begann ich mit einer rituellen Reinigung mithilfe von Zedernzweigen. Sofort fühlte ich mich dem Ort verbunden.

 

Es war klar, dass ich so schnell wie möglich ein regensicheres Shelter würde errichten müssen. Direkt nach dem Aussetzen begann ich einen geeigneten Lagerplatz zu suchen, um möglichst lange während ALONE durchzuhalten.

 

Nach kurzer Suche hatte ich den vermeintlich besten Platz neben dem von mir getauften Little River gefunden und begann damit Stangen zu sägen für mein Tipi. Währenddessen hielt ich bereits Ausschau nach trockenem Holz, um abends ein Feuer zu entzünden.

 

Die Arbeit ging mir gut von der Hand, auch wenn es kaum vorstellbar ist, wie anstrengend sich die Arbeit im dichten Unterholz meiner Bucht gestaltete.

 

Als dann langsam die Dämmerung hereinbrach, fiel mir erst auf, dass ich den ganzen Tag damit zugebracht hatte mein Shelter zu errichten – welches dann passend zum Abend fertiggestellt war.

 

Mein Shelter stand also fest und regensicher und ich konnte mein neues Heim beziehen. Kurze Zeit später hatte ich meine Feathersticks parat und mit ihnen ein wärmendes Feuer entfacht.

Drei Brüder, ein Fisch und die Brücke

Ein besonderes Erlebnis möchte ich hier noch schildern. Auf den ersten Blick mögen es mehrere unabhängige Ereignisse sein, für mich stehen sie jedoch in Zusammenhang.

 

Von dem Mowachaht-Muchalaht wurde uns nahe gelegt Kontakt mit den Bäumen, die wir nutzen, also fällen wollten aufzunehmen.

 

Dies tat ich, da ich eine Hemlock Tanne direkt hinter meinem Shelterplatz fällen wollte. Unmissverständlich gab mir dieses Geschöpf, der Baum zu verstehen, dass ich ihnen nicht fällen sollte. Mir ist bewusst, dass sich das sehr esoterisch anhören mag, ich bin ja selber Forstingenieur und auf Zahlen und belegbares geeicht – dennoch spürte ich hier die Geister des Waldes, die mit mir sprachen. Mir fiel später auf, dass dieser Baum einer aus einer Gruppe war – ich taufte sie „Die Drei Brüder“ – die dort wuchsen.

 

Ich suchte mir also einen anderen Baum, um ihn für mein Tipi zu verwenden.

 

Nachdem ich alle Stangen für mein Shelter gesägt hatte, kehrte ich mit ihnen zurück zu meinem Shelterplatz und fand zu meiner völligen Verwunderung dort einen Fisch vor. Diesen hatte mir anscheinend der Fischmarder gebracht, den ich im Laufe des Tages immer mal wieder aus dem Augenwinkel erhascht hatte.

 

Für mich war das Geschenk dieses Fisches ein Zeichen, dass ich bezüglich des verschonten Baumes richtig gehandelt hatte. Dieses Geschenk zeigte mir, dass ich willkommen war an meinem neuen Zuhause.

 

Tage später „nach dem großen Regen“ war über Nacht etwas weiteres passiert, dass mich ebenfalls sehr berührte.

 

In der Mitte meiner Bucht entsprang der „Little Big River“. Dieser Fluss war nach den starken Regenfällen so angewachsen, dass ich ihn nicht hätte überqueren können. Nach meiner vierten Nacht in der Seehundbucht stellte ich fest, dass die Waldgeister einen Baum direkt über diesen Fluss geworfen hatten. Diese entwurzelte Hemlocktanne konnte ich fortan als Brücke für die Überquerung des „Little Big River“ nutzen.

In der Not

Eine Episode meiner Zeit bei ALONE möchte ich hier ebenfalls nochmal hervorheben, da mich dazu viele Fragen erreichten.

 

Nachdem ich zwei Nächte in meinem Tipi geschlafen hatte, kündigte sich das Safety Team an. Nach ihrer Ankunft – ich aß gerade meinen Seestern – teilten sie mir mit, dass ich aufgrund des heftigen Regens mein Tipi würde verlassen müssen. Es bestand die Gefahr, dass sich der „Little River“ aufstauen könnte, dann mit Stämmen, Zweigen und anderem angeschwemmten Material zusetzen könnte, sich im Zuge dessen aufstaute und dann dammbruchartig sich würde ergießen können.

 

Aus diesem Grund verlegten wir mein Shelter auf eine erhört gelegene Klippe. Dort sind die Bilder entstanden, in denen ich im Schlafsack liege und mich aussehen lassen wie eine Made im Kokon. Obwohl es ein beengtes Notshelter war, habe ich dort sehr bequem, wie in einer Hängematte geschlafen.

Zähe Zeit mit ohne Sonne

Nach ungefähr 10 Tagen stellte ich das erste Mal fest, dass dieses Abenteuer – eben aufgrund der Tatsache, dass wir völlig isoliert agieren musste – wirklich hart werden würde.

 

Ein weiterer Aspekt der mir sehr zu schaffen gemacht hat, war nicht zu wissen, wie lange diese „Reise“ gehen würde. Immer im Ungewissen zu sein, ob es nun 4 Wochen, oder gar 4 Monate dauern würde, bis ich meine Liebsten wiedersehen würde, war extrem hart.

 

Zusätzlich machte natürlich auch mir das Wetter sehr zu schaffen. Ich war ständig nass, häufig kalt und stellte bald fest, dass ich in meiner Bucht keine direkte Sonne würde genießen können. Das Maximum waren ein paar leichte Sonnenstrahlen, die durch die Bäume fielen. Die Feststellung dieser Tatsache hat mich niedergeschlagen und sehr traurig gemacht.

Erkundungsgänge

Nach den ersten Tagen der Isolation und des Einrichtens begann ich mein Gelände genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Mein erster Erkundungsgang führte mich zu einem Wasserfall am „Little Big River“. Ich startete bei trockenem Wetter und hatte nach ungefähr 300 Metern den Wasserfall erreicht. Mir bot sich ein fantastischer, ehrfürchtiger Anblick, ob der sich ergießenden Wassermassen.

 

Bereits nach kurzer Zeit begann es zu regnen und ich merkte schnell, dass der Fluss alsbald begann anzuschwellen. Da ich Angst hatte, dass das anschwellende Wasser mir den Rückweg durch das Bachbett abschnitt, trat ich bald den Rückweg an.

 

Ich hatte gehofft, im oberen Verlauf des „Little Big River“ Lachse anzutreffen oder Forellen zu entdecken. Leider wurde diese Hoffnung durch die Entdeckung des Wasserfalls zunichte gemacht. Der Höhenunterschied, über den sich das Wasser hier ergoss, war so groß, dass ihn Lachse nicht hätten überwinden können.

 

Ständig von der Hoffnung getrieben doch irgendwo noch direkte Sonne im Gesicht spüren zu können, erforschte ich Tage später wieder meine Umgebung und gelangte so in das Gebiet oberhalb des beschriebenen Wasserfalls.

 

Das Gelände gestaltete sich als extrem schwierig.

 

Ich verfüge über eine Menge Erfahrung bezüglich des Bewegens im Gelände. Meine Reisen haben mich bereits nach Schweden, Norwegen, Südafrika, Tansania, Indien und Ontario geführt. Nirgends habe ich so anspruchsvolles Gelände angetroffen, wie während meiner Zeit für ALONE auf Vancouver Island.

 

Nach zwei Stunden des Durchschlagens und Überwindens von nahezu undurchdringlichem Salal-Kraut, quer liegenden, unglaublich rutschigen Bäumen und Klippen, gelangte ich an einen Punkt oberhalb des Wasserfalls.

 

Der Blick von einem Felsen herunter auf das Bachbett war majestätisch – pure Wildnis. Dieser Punkt war allerdings auch sehr hoch über dem Bach gelegen und flößte mir gehörig Respekt ein. Wäre ich hier gestürzt, hätte dieser Ausflug tödlich enden können.

 

Leider musste ich auch diese Expedition erfolglos abbrechen, die Sonne blieb für mich unerreichbar. Auch war für mich klar, dass ich diese strapaziösen Aufstiege in Zukunft nicht mehr würde leisten können – der Nahrungsmangel machte sich auf jeden Fall bemerkbar. Meine Leistungsfähigkeit war bereits zu diesem Zeitpunkt zurückgegangen.

 

Während meiner Ausflüge berührte ich häufig die mächtigen Zedern des mich umgebenden Waldes. So konnte ich Kontakt aufnehmen mit den Waldgeistern. An vielen Bäumen waren Spuren von Rindenernte der Mowachaht-Muchalaht zu sehen. Dadurch wurde ich immer wieder an die Ehre erinnert, die uns weißen Männern und Frauen durch die Ureinwohner zuteilwurde.

 

Ich schätze das einige dieser Spuren mehrere Jahrhunderte alt waren. Diese Bäume mit geschlossenen Augen zu berühren, hat ganz starke Bilder des ursprünglichen Lebens der Mowachaht-Muchalaht in meinem Geist projiziert.

 

Dafür bin ich sehr dankbar.

Sonnenfelsen

Ein besonderer Erkundungsgang war für mich die Entdeckung des Sonnenfelsen „Sunny Rock“, von dem aus ich angelte.

 

Dazu musste ich meine Bucht durchqueren, dichten Wald durchdringen, kleine Hänge emporklettern und über zahlreiche Baumbrücken das Unterholz überwinden. Als ich schließlich das erste Mal den Blick vom Sonnenfelsen in den offenen Pazifik warf, war ich zu Tränen gerührt. Dieser Ost war für mich fast jeden Tag Ziel meiner Angelausflüge.

 

Von dort konnte ich das offene Meer sehen und das Leuchten eines kleinen Leuchtfeuers in der Ferne. Dieses Leuchtfeuer bedeutete für mich Zivilisation, und war damit ein mich ständig begleitender „Hoffnungsschimmer“.

 

Auf dem Sonnenfelsen habe ich alle meine Fische gefangen und täglich meditiert – wie gesagt, es war ein besonderer Ort für mich.

Die Feuerstelle

Während meiner Erkundungsgänge über mein Territorium entdeckte ich auch ein verlassenes Dock, welches wohl einmal zur Verladung von geschlagenem Holz diente. Dort erntete ich einige wichtige Ressourcen, wie zum Beispiel Nägel, Kettenglieder und riesige Unterlegscheiben.

 

Die Nägel schlug ich innen in die Stangen meines Tipis ein und nutzte sie, um daran meine Kleidung aufzuhängen und somit trocknen zu können. Es ist ein Genuss, morgens in trockene Kleidung und Gummistiefel schlüpfen zu können.

 

Die Kettenglieder nutzte ich, um meine Krabbenfalle zu beschweren.

 

Nun komme ich zu den Unterlegscheiben. Diese waren quadratisch mit ca. 25 cm Seitenlänge und hatten in der Mitte ein Loch von ca. 5 cm Durchmesser. Vorerst nahm ich sie nur mit und legte sie in meine „Schatzlager“ hinter dem Tipi.

 

Nach einigen Tagen kam mir dann die Idee, welchem Zweck ich sie würde zuführen können. Ich nahm mir vor, sie zur Optimierung meiner Feuerstelle zu verwenden.

 

Ich grub also einen Graben von der Außenseite bis zu meiner Feuerstelle in der Mitte des Tipis. Diesen bedeckte ich sodann wieder mit Zweigen, diese wiederum mit Erde. Damit hätte ich einen kaminähnlichen Kanal geschaffen, der der Feuerstelle Frischlust zufügte.

 

Dann kleidete ich die eigentliche Feuerstelle mit Kies vom Strand aus und bedeckte diesen dann so mit den beiden Unterlegscheiben, dass weiterhin ein Luftzug von außen bis zur Feuerstelle gewährleistet war. Einerseits zog so die Luft durch die Löcher in den Scheiben, zusätzlich zog Luft dort hindurch, wo die Scheiben überlappten.

 

Unmittelbar nachdem mein Feuer an diesem Abend entfacht hatte, konnte ich den Kamineffekt beobachten. Das Feuer brannte wesentlich satter. An den Stellen, wo die Luft austrat, wurde die Luft förmlich ins Feuer gesaugt und sorgte damit für eine wesentlich bessere Verbrennung.

 

Auf diese Verbesserung meiner Feuerstelle war ich sehr stolz, zumal sie auch dafür sorgte, dass der Rauch besser nach oben abzog und sich so weniger Rauch im Innenraum hielt.

Krabbenfalle

Um mir die Zeit zu vertreiben, aber auch um mir eine weitere Nahrungsquelle zu erschließen, habe ich mit dem Bau einer Krabbenfalls begonnen.

 

Hierfür verwendete ich gespaltene Zedernäste als Rahmen, den ich wiederum mit Litzen von gefundenem Seil zusammenhielt.

 

Es war eine große Fleißarbeit die ganzen Knoten in den Seiten der Falle zu binden, meine Hände schmerzten an den Abenden nach dieser Arbeit.

 

Besonders stolz war ich hier auf den Mechanismus, der verhindern sollte, dass die Krabben nach dem Eindringen wieder entweichen.

 

Dafür nutzte ich ebenfalls kleine, angespitzte Spreißel von Zedernästen, die ich so im Viereck und in die jeweiligen Zwischenseiten des Eingangs der Falle band, dass sie sich zwar von außen wegdrücken ließen, von innen jedoch versperrten sie den Eingang. Das zeigte sich schon bald, als ich meinen Arm als Versuch in die Falle steckte und sich die angespitzten Spreißel in die Ärmel meines Oberteils bohrten. Selbst ich als Mensch hatte Schwierigkeiten meinen Arm wieder freizubekommen.

 

Dieses Bauwerk hat mir einerseits als Beschäftigung gedient, gleichzeitig erhoffte ich mir damit den Zugang zu einer weiteren Nahrungsquelle – eben den Krabben.

 

Leider wurde die Falle bereits in der ersten Nacht, nachdem ich sie zu Wasser gelassen hatte, zerstört. Nichtsdestowenigertrotz hatte ich Freude am Bau und würde sie heute an einer besseren Stelle zu Wasser lassen.

 

Für mich ist es wichtig, auch oder eben aus diesen vermeintlichen etwas Positives zu ziehen und daraus zu lernen.

Der Riegel

Eine schöne Anekdote war der Verzehr meines letzten Riegels.

 

Da bei unserer Aussetzung das Wetter sehr schlecht war und das Produktionsteam fürchtete, dass wir in den ersten Tagen keine Nahrung würden finden können, bekamen wir eine kleine Vespertüte.

 

Bis auf einem Riegel verspeiste ich den gesamten Inhalt in den ersten beiden Tagen. Alles, nein, einen kleinen Riegel hob ich mir auf. Morgens freute mich auf diesen Riegel, abends freute ich mich darüber, dass ich ihn noch hatte und mich somit wieder auf den nächsten Morgen freuen konnte.

 

Nachdem ich nach drei Wochen meine Krabbenfalle fertiggestellt hatte, war der Tag des Riegels gekommen.

Völlig erschöpft von der körperlichen Höchstleistung, nass geschwitzt und geistig mürbe aufgrund der langen Isolation, war der Zeitpunkt gekommen mir den Riegel zu gönnen.

 

Ich hatte bisher drei Wochen durchgehalten und sagte mir, dass nun der perfekte Zeitpunkt für eine zusätzliche Stärkung – wenn sie auch nur klein war – gekommen sein. Und ich sage Euch, dieser kleiner Müsliriegel hat geschmeckt wie ein ganzes Buffet.

Der Abschied

Nach Wochen der Entbehrung, der Isolation, der Kälte, der Nässe, des Hungerns spürte ich an diesem Tag, dass ich meiner Liebsten zu sehr vermisste.

 

Die Gedanken an meinen Sohn und meine Frau übermannten mich zunehmend. Ich spürte einfach, dass das Ende meiner Reise, meines Abenteuer gekommen war. Über den Yellow Brick hatte ich erfahren, dass sich eine weitere Sturmfront ankündigte und das Safety Team womöglich die kommenden Tage nicht würde ausrücken können.

 

Ich sah keinen Sinn mehr darin weiter auszuharren. Meine Erfahrungen sagte ich mir, kann mir keiner mehr nehmen und ich war unendlich dankbar für vergangenen Wochen.

 

Mit Traurigkeit, aber auch Vorfreude auf das Wiedersehen mit meiner Familie entschied ich an diesem Morgen, abzubrechen.

 

Nachdem ich den Anruf getätigt hatte, suchte ich nochmal die wichtigsten Orte in meiner Bucht auf und nahm so Abschied von diesem magischen Ort, der mich um so viel Natur Erfahrung, Gefühle, Dankbarkeit für das Geschenk dieser Welt, ja, des Lebens und Demut vor der Schöpfung reicher gemacht hatte.

 

Als ich dann das Boot entdeckte, welches mich abholte, brach ich einfach nur noch in Tränen aus, umarmte die Menschen, deren Gesellschaft ich so sehr vermisst hatte und freute mich auf die kommenden Gespräche.

Refeeding

Nachdem ich vom Boot abgeholt wurde und wir uns auf dem Rückweg zu unserer Unterkunft befanden, sagte ich zu der betreuen Ärztin, dass sie mir nun das Steak reichen dürfe. Leider verneinte sie die, meine dann erste Mahlzeit bestand aus heißem Wasser, gefolgt von

 

Vitamintabletten und einigen wenigen Schlucken Rinderknochenbrühe. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie gut diese Mahlzeit mir schmeckte.

 

Angekommen im Ressort nahm ich dann erstmal eine sehr ausgiebige Dusche – auch das ein unbeschreibliches Erlebnis.

In den kommenden Tagen wurde ich dann wieder sehr behutsam an Nahrung gewöhnt. Neben viel Gemüse standen vor allem kleine Portionen von Fleisch und Eiern auf dem Speiseplan.

 

Diese Mahlzeiten nahm ich so ein, dass die Hauptmahlzeiten von Tag zu Tag natürlich größer ausfielen, zusätzlich durfte ich zwischen diesen Mahlzeine kleine Snacks bestehend aus Nüssen oder Eiweißdrinks zu mir nehmen.

Vancouver

Mein Rückflug wurde dann so geplant, dass ich noch einige Tage im herrlichen Vancouver verbringen konnte.

 

Am ersten Tag in einem Hotel lernte ich ein einheimisches Pärchen kennen. Mit ihnen kam ich schnell ins Gespräch und wir unterhielten uns bis spät in den Abend. Der junge Mann teilte mir irgendwann sein Geburtsdatum mit, welches lustigerweise genau meinem entsprach. Damit war eine tiefere Verbindung hergestellt.

 

Später zeigte ich ihm meine „Amulett“, welches als Teilnehmer von ALONE von den Mowachaht-Muchalaht zu unserem Schutz in der Wildnis geschenkt bekommen hatten. Der Mann war sehr erstaunt, um nicht zu sagen völlig überwältigt. Er teilte mir dann mit, dass solch ein Geschenk eine sehr, sehr große Ehre für einen dem Stamm außenstehenden sei.

 

So erfuhr ich im Nachhinein einmal mehr, welche Ehre uns durch die Mowachaht-Muchalaht zuteilgeworden war.

 

Am zweiten Tag in Vancouver bestieg ich den Grouse Mounation, was aufgrund meiner zu dem Zeitpunkt immer noch vorhandenen Schwäche gar nicht so einfach war – immerhin bedeutet das einen Aufstieg von 1000 Höhenmetern. Der Sonnenuntergang, der sich mir beim Blick auf die Bucht von Vancouver an diesem Abend bot, war atemberaubend.

Etwas hatte ich mir während meiner gesamten Zeit in der Wildnis vorgenommen und das war der Besuch einer Sauna.

 

Nach kurzer Suche wurde ich fündig und buchte mir eine kleine Privatkabine in der ältesten Sauna Vancouvers. Dort verbrachte ich dann den Abend und genoss die meinen Körper durchströmende Wärme in vollen Zügen. Endlich war ich wieder vollkommen durchgewärmt und konnte die Rückreise antreten

Rückweg

Mein Rückflug führte mich von Nanaimo auf Vancouver Island, über den Flughafen Vancouver und Montreal zurück nach Frankfurt, wo ich ca. 20 Stunden später landete.

 

Dort bestieg ich den Zug und lief mit einer Stunde Verspätung wieder in Hamburg ein. Meine Frau holte mich vom Bahnhof ab und half mir beim Schleppen meiner mehr als 60 kg Gepäck.

 

Nach kurzem Aufenthalt zu Hause, fuhren wir gemeinsam zu der Kita unseres Sohnes. Dort sah ich meinen kleinen Engel nun endlich nach fast zwei Monaten wieder.

 

Da ich nicht weiß, ob er mit der Veröffentlichung eines Fotos im Internet einverstanden wäre, kann ich hier leider kein Foto von unserem Wiedersehen posten.

 

Was ich aber sagen kann, wir haben uns sehr, also wirklich SEHR verliebt in die Augen geschaut und unser Wiedersehen überschwenglich gefeiert. Es war ein Augenblick, den ich in meinem ganzen Leben nicht wieder vergessen werde. Kinder sind der Sinn des Lebens, sie sind ein Geschenk – das weiß ich nun noch einmal mehr zu schätzen und bin dafür unglaublich dankbar.

 

Sowohl meiner Frau, meinem Sohn und der Verwandtschaft möchte ich nochmal meinen großen Dank aussprechen dafür, dass sie dieses Abenteuer ermöglicht haben.

 

DANKE